Kapitel 2: Vor der Intervention



Intervention – Einführung
Kapitel 1: Intervention – Was ist das?
Kapitel 2: Vor der Intervention
Kapitel 3: Einstieg in die Intervention
Kapitel 4: Durchführung der Intervention
Kapitel 5: Abschluss der Intervention

Um den Verantwortlichen in Sportvereinen die Unsicherheit im Umgang mit einem möglichen Vorfall sexualisierter Gewalt etwas zu nehmen, ist es wichtig, bereits im Vorfeld Strukturen im Verein zu schaffen, die das Handeln einzelner Personen, zum Beispiel der Ansprechpersonen, erleichtern.

Sinnvoll ist es, Handlungsleitfäden zu erarbeiten, die individuell an den jeweiligen Verein mit den eigenen Risiken und Potentialen angepasst sind. Es gibt kein „one-size-fits-all“-Modell, da je nach Aufbau des Vereins, Sportart, Zielgruppen und weiteren Aspekten, unterschiedliche Faktoren in einem Interventionsprozess beachtet werden müssen.

Mit einem individuell erarbeiteten Handlungsleitfaden geht einher, dass der Vorstand und die Ansprechpersonen einen Plan haben, wie im Akutfall gehandelt werden soll und dass die Verantwortlichkeiten im Verein geklärt sind.

Neben der Erarbeitung eines Handlungsleitfadens, ist es wichtig, dass eine Kultur des Hinsehens und der Achtsamkeit in den Vereinen geschaffen wird, die mit einer Sensibilisierung für die Thematik und der Mitbestimmung der Vereinsmitglieder einhergeht. Dies kann nicht nur die Prävention, sondern auch die Intervention stützen. Dies beinhaltet zum Beispiel sensibel zu sein, Personen anzusprechen, wenn man Veränderungen bemerkt, nachzufragen und auf Menschen zu zugehen.

Im folgenden Video bekommt ihr tiefere Einblicke, welche strukturellen Aspekte ihr schon vor einer Intervention umsetzen und bearbeiten könnt, um euch im Notfall das Handeln zu erleichtern.



Auch wenn es noch keinen Vorfall oder Verdacht im Verein gegeben hat, ist es wichtig, Ansprechpersonen für sexualisierte Gewalt im Verein zu etablieren.

Die Hauptaufgabe der Ansprechpersonen in den Vereinen ist es, für die Betroffenen da zu sein und sie ernst zu nehmen. Dafür ist es auch wichtig, dass sie im Verein bekannt sind und sich bei den Mitgliedern, Trainer*innen und Eltern als Ansprechperson vorstellen und regelmäßig in Erinnerung rufen. Es ist ganz wichtig zu betonen, dass die Ansprechpersonen in den Vereinen im Falle von Meldungen nicht ermitteln, sondern vermitteln! Ihre Aufgabe ist also die Intervention zu koordinieren und Unterstützung zu vermitteln.

Im folgenden Video gibt uns Nils Brunner, Referent für Sport und Inklusion & Referent für Prävention sexualisierter Gewalt im Sport im Stadtsportbund Köln, einen tieferen Einblick in die Aufgaben einer Ansprechperson und die Netzwerke, die sie zur Unterstützung in einem Interventionsfall nutzen können.



Ressourcen



Wie für viele Themen in einem Sportverein, sind auch für die Intervention verschiedene Ressourcen nötig und können euch das Handeln erleichtern. Finanzielle Mittel des Vereins sind dabei weniger wichtig, sondern vor allem das Personal und ihr Wissen, sowie die vorbereiteten Materialien, wie etwas Leitfäden und Dokumentationsbögen.

Jeder Verein braucht Personen, die sich um Themen wie Prävention und Intervention interpersonaler und sexualisierter Gewalt kümmern. Viele Vereine sind dabei auf die Freiwilligkeit von ehrenamtlichen Personen angewiesen, da meist Geld für hauptamtliche Kräfte fehlt. Diese Ehrenamtlichen müssen erstmal gefunden und dann geschult werden. Dafür gibt es eine Vielzahl kostenloser und hilfreicher Schulungsangebote von den Landessportbünden und weiteren Dachorganisationen.

In engem Zusammenhang mit den personellen Ressourcen ist auch Zeit bzw. der Mangel an Zeit eine kritische Ressource. Zeit wird als wichtiger Faktor und Ressource gesehen, da der Interventionsprozess, wie in diesem Tool deutlich wird, zeitintensiv sein kann. Die Betreuung von Fällen nimmt Zeit in Anspruch und andere Tätigkeiten bleiben dann in dieser Zeit gegebenenfalls liegen. Wenn ihr euch dazu entscheidet, als Ansprechperson tätig zu werden, müsst ihr euch im Vorfeld klar überlegen, ob ihr diese zeitlichen Ressourcen im Notfall zur Verfügung stellen könnt.

Ein möglicher Lösungsansatz könnte die Vernetzung mit anderen Vereinen oder den Verbänden und Bünden sein, um Unterstützung zu erhalten. Falls euer Verein die finanziellen Ressourcen hat, kann es auch sinnvoll sein, für bestimmte Aufgaben (z.B. die Erstellung eines Schutzkonzeptes oder die Betreuung von Interventionsfällen) Honorarkräfte zu bezahlen; auch hier können Bünde oder Verbände durch ihre Pools an Honorarkräften unterstützen.

Materialien, wie Handlungsleitfäden, Dokumentationsbögen oder Interventionspläne dienen als weitere wichtige und hilfreiche Ressource im Interventionsprozess. Handlungsleitfäden müssen für jeden Verein individuell erstellt werden. Wenn ihr diesen eigenständig im Verein entwickelt, empfiehlt sich der Einbezug von möglichst vielen Personengruppen im Verein. Dies schafft zum einen Wissen und zum anderen Akzeptanz des Leitfadens. Für die Leitfadenentwicklung, könnt ihr ebenfalls um Unterstützung bei den Landessportbünden bitten. Diese ist in der Regel kostenfrei.

Daran anschließend, ist eine weitere wichtige Ressource das Wissen im Verein. Um Handlungssicherheit zu schaffen und Unsicherheiten im Umgang mit Interventionsfällen abzubauen, wurden in den letzten Jahren hilfreiche Materialien und Methoden entwickelt, die ihr bei Verbänden und Bünden anfragen und dann in eurem Verein nutzen und verbreiten könnt. Euer Vorstand, die Ansprechpersonen sowie weitere interessierte Mitarbeitende und Mitglieder, sollten regelmäßig an Schulungen, Fortbildungen und weiteren Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen, um das Wissen im Verein stetig und regelmäßig anzureichern.

Auch das Wissen, bei wem und wo ihr euch Unterstützung suchen könnt, ist eine wichtige Ressource. Auf personaler Ebene im Verein sind Personen mit einem bestimmten Background (z.B. Pädagogik, Sozialarbeit, Psychologie) gewinnbringend, da diese meist schon Erfahrungen und einen hohen Grad an Sensibilisierung für das Thema mitbringen. Auch Eltern und deren Engagement werden darüber hinaus als wichtige Ressource und wesentliche Strukturstärke genannt. Besonders hilfreich kann es außerdem sein, in den Austausch mit Betroffenen zu treten und ihrer Expertise einzuholen. Die Erfahrung, die die Personen mitbringen, können so zu einer Optimierung von Prozessen, insbesondere der Intervention, beitragen.

Selbsttests









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